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Sechster Abschnitt.

Geschichte der Griechischen Kirche.

Bom Jahr 1649 bis 1806.

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1806.

enn die Geschichte der Abendländischen Kirche J. n. eine anziehende Mannigfaltigkeit wechseln E. &. der Verhältnisse, untergehender und entstehender 1649 Systeme, merkwürdiger Kämpfe des Glaubens bis mit dem Unglauben, der Offenbarung mit dem Naturalismus, ausgezeichneter, um die Religion und um die Wissenschaft verdienter Lehrer und intereffanter Veränderungen in der Denkart, in den Sitten und Gebräuchen der Christen darstellt: so beschreibt die Geschichte der Morgenländischen Kirche den Zustand eines Körpers, welcher sich nur bewegt zu haben scheint, weil ein gänzlicher Stillstand nach dem Geseze der Natur unmöglich ist. Und doch hat die nåhere Kenntniß dieser Kirche kein gemeines Interesse. Denn, obwohl dürftig und arm und beraubt des Schmuckes der Wissenschaft und der Zierde berühmter Lehrer, ist sie der Schatten des denkwürdigen Alterthums und bezeugt dem Abendländer, indem sie die von fruhern Jahrhunderten empfangenen Formen in die Gegenwart herüberträgt, daß die Zeit, welche er nur durch die Geschichte kennt, einst wirklich vorhanden war. Das Christenthum der Morgenlåndischen Kirche ward nicht, wie dieß in dem erleuchtetesten Theile der Abendländischen geschah, in eine rein moralische, von dem finnlichen Intereffe völlig geschiedene Religion verwandelt, sondern blieb ein sinnlich - moralischer Glaube an die uns

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mittelbar wirkende Kraft Gottes, welche unabläs..fig in die Angelegenheiten des Menschen eingreiffe 1649' und sich nicht selten durch Zeichen und Wunder bis kund mache. Die Dogmen, welche der Abend 1806. lånder prüfte und oft modelte oder verwarf, wurden in der Griechischen Kirche als heilige, durch das Ansehen der Våter und der Synoden über jede Prüfung erhabene, Ueberlieferungen unverändert von einem Geschlechte dem andern übergeben. In dem Morgenlande trat nicht an die Stelle des Aberglaubens der Unglaube, der Indifferentismus an die Stelle der Intoleranz; hier erhielt sich neben dem Aberglauben der religiöse Eifer und neben dem Partheygeiste die Anhänglichkeit an die Institute der Kirche. Wenn in dem Abendlande die Klöster immer mehr und mehr verlassen wurden und alles zu der Geschäftigkeit des bürgerlichen Lebens zurückkehrte, so dauerten die Klöster auf dem Berge Athos und an den Gestaden des rothen Meeres fort, und es wurden bis auf die neuesten Zeiten herab in den Klüften des Libanon Anachoreten ge. funden; denn der Morgenländische Christ glaubte an den Werth der Andacht und an die Verdienst. lichkeit der Entsagung und trachtete nach dem Ruhme der Heiligen, deren Glorie er nicht für einen Schimmer hielt, welcher nur so lange leuch te, als Nacht und Finsterniß die Völker bedeckt. Die Diener der Griechischen Kirche verwandelten sich nicht, wie die der Abendländischen, in bloße Lehrer der Religion und der Moral, sondern blieben was sie seit dem dritten und vierten Jahrhunderte geworden waren, Priester und Richter der Gemeinden, Mittelspersonen zwischen Gott und dem Menschen und ihr Segen brachte Heil und ihr Fluch Verderben. Der Cultus der Griechischen Kirche gieng nicht in ein bloß sittliches Institut über, sondern war zugleich Adoration des

Heiligen und Medium der Mittheilung himmli. In. scher Güter und wirkte mehr durch Handlung und .. symbolische Darstellung ein unbestimmtes An- 1649 dachtsgefühl, als Belehrung und Erbauung durch bis die Kraft der Rede und des Gesanges. In tau. 1806. fend Meinungen, Einrichtungen und Gebräuchen, in der Beobachtung der Fasten, in ven Wallfahrten an heilige Orte, in der Ausübung des Kirchenbannes, in dem Urtheile über die zweyte Ehe des Geistlichen, in den Titeln und Verhältnissen, selbst in der Tracht der Kirchenlehrer, in dem Baue der gottesdienstlichen Gebäude, in den liturgischen For men, wie in den Gewohnheiten des häuslichen Gottesdienstes, lebte hier die alte Zeit fort und eben auf diesem alterthümlichen Charakter der Morgenländischen Kirche, welcher so auffallend mit der ver. ånderten Gestalt des Abendlandes contrastirt, beruhet das Intereffe ihrer Geschichte.

Der Stillstand der Geister, durch welchen die von frühern Jahrhunderten empfangenen Meinungen und Formen ́erhalten würden, ist vorzüglich an der Griechischen Kirche im engern Sinne bemerkbar, d. h. an den Christen, welche den Patriarchen von Constantinopel als ihr Oberhaupt anerkennen und größtentheils unter Türkischer Botmåßigkeit leben und an den Schismatischen Parthenen, welche in frühern Jahrhunderten aus der Gemeinschaft der Orientalischen Kirche getreten sind und ebenfalls, wenn gleich auch in andern Låndern, doch vorzüglich in den Provinzen des Türkischen Reiches gefunden werden; denn in der Russischen Kirche hat sich, seitdem die Europäische Cultur in ́das Reich der Moscoviter eingeführt ward, der Anfang einer geistigen Thätigkeit und eines Aufstrebens gezeigt, welches einige bemerkenswerthe Veränderungen zur Folge hatte. Die hauptsächlichste Ursache dieses Stillstandes aber lag in der Fort

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dauer des unglücklichen Verhältnisses, in welches durch den traurigen Fall ihres Kaiserreiches im funf1649 zehnten Jahrh. die damals schon entarteten Griechen bis zu einem fremden Volke verseßt worden waren, wel1806. ches die eroberten Provinzen mit der Hårte und dem Stolze des rohen Siegers beherrschte. So wenig sich die beiden Nationen, welche nun schon beynahe vier hundert Jahre lang unter einem gemeinschaftlichen Beherrscher neben einander leben, vereiniget haben, eben so wenig sind ihre Religio. nen in einander verschmolzen, und es war unmöglich, daß die eine in die andere übergieng, da sich jede auf einen Coder von Offenbarungsurkunden gründet. Nur wenn der Muhammedaner tas Christenthum oder der Christ den Muhammedanis mus annimmt, ist Vereinigung möglich. Das Erstere ist nicht geschehen und konnte nicht gesche= hen, weil strenge Gefeße dem Christen jeden Bekehrungsversuch und dem Muhammedaner den Abfall verwehren, weil der selbst genügsame und indolente Türke an der Kenntniß eines fremden Glaubens kein Interesse nimmt und nichts ihn reizen kann, in die Gemeinschaft der verachteten Christen zu treten. Das Lehtere hat sich ereignet und es sind genug Beispiele von Renegaten vorhanden, welche entweder die Gewinnsucht, oder die Liebe und die Wollust (denn eine Christin kann nicht die rechtmäßige Gattin eines Muselmannes seyn) oder die Hoffnung auf Begnadigung dem Muhammedanismus zugeführt hat. Indeß ist der Uebertritt zu dem Islamismus ben der Indolenz der Türken auf der einen und bey der Anhänglichkeit der Griechen an ihren Glauben auf der andern Seite weit seltener erfolgt, als es geschehen seyn würde, wenn der Türke eben so regsam, thätig und unternehmend, als bigott und fanatisch wåre. Nicht die Regierung, nicht das Volk, nur einzelne

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Befehlshaber oder Derwische, welche es für verdienst-lich hielten, das Reich des Propheten zu erweitern, G. haben es versucht, Christen für ihren Glauben zu 1649 gewinnen. Der Grund dieses Verhaltens der Tür bis ken war nicht Aufklärung und Toleranz, sondern ledig. 1806. lich eine verachtende Gleichgültigkeit gegen die, welche Gott verworfen und das Schicksal erniedriget hat. Eine Religion, welche gebietet: Bete nicht für die, deren Tod ewig dauert und besudle deine Füße nicht, indem du über die Gräber von Menschen geheft, welche Feinde Gottes und des Propheten waren, muß, wenn sie sich wirklich, wie dieß bey den meisten Türken der Fall ist, mit den Gesinnungen verwebt, zur Intoleranz führen. Der gläubige Türke ist intolerant und muß es seyn, nur daß sich seine Unduldsamkeit nicht durch Bekehrungssucht, sondern durch Verachtung fremder Religionsverwandten und durch will. kührliche Beschränkung ihrer Rechte äussert. Zwar könnte es scheinen, als ob theils die den Europåern jeder Confession ertheilte Erlaubniß, ihre Religion in den Handelsstädten auszuüben, theils die Religionsfreyheit der Griechischen Christen von der Duldsamkeit der Türken zeugte, da ihnen vergönnt ist, wo sie einmal Kirchen besitzen, ihre Verfammlungen nach der Weise der Våter zu halten und ihre Feste zu feiern und die Regierung es sich nicht anmaaßt, den Glauben und die Gebräuche ihrer christlichen Unterthanen zu bestimmen. Allein nicht die Toleranz, welche nur die Frucht der Aufklårung seyn kann, sondern bloß die Politik, welche das zahlreiche Volk der Griechen zu schonen und den Handelsverkehr mit den Ausländern zu befördern rieth, hat die Ausübung fremder Religionen gestattet. Und da Christus auch für den Türken ein Gegenstand der Verehrung ist und dieser

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