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zu Tage, in den meisten Fällen, wenn sich die vollkommen ordnungsgemäße Durchführung der Hauptverhandlung als unmöglich oder unzulässig herausstellt, die Abbrechung derselben durch Beschluß eintreten zu lassen.) Allein gerade die Geschichte des § 259 St.-P.-O. scheint mir dieses Bestreben nicht zu rechtfertigen; die ursprüngliche Fassung des Paragraphen im Entwurfe Lautete: Die Hauptverhandlung schließt mit Erlassung des Urtheils. Das Urtheil kann nur auf Freisprechung und Verurtheilung lauten. Die Einstellung ist durch Beschluß auszusprechen, wenn ein Antrag nicht vorliegt oder rechtzeitig zurückgenommen ist." Dies wurde in der Reichstagskommission in die jezige Fassung dahin umgeändert, daß auch die Einstellung wegen Antragsmangels durch Urtheil zu geschehen habe. Es geschah dies mit dem Hinweise auf die Nothwendigkeit, auch gegen diese Entscheidung das Rechtsmittel der Revision zu geben. Zugleich wurde auch in § 429, nämlich für den Fall. daß sich nach verhandelter Privatklage herausstellt, die Sache eigne sich überhaupt nicht für das Privatklageverfahren, die Urtheilsform angeordnet, während ursprünglich im Entwurfe die Einstellung durch Beschluß vorgeschrieben war. Die nämlichen Gründe aber, welche bei diesen zwei Fällen maßgebend waren, sprechen auch in unserem Falle für eine Entscheidung in der Form des Urtheils. 2) Das Rechtsmittel der Revision muß offen gehalten werden. Denn vorausgesezt, es wäre durch Beschluß wegen Zutreffen der Auslieferungsklausel die Verhandlung abgebrochen worden, und das Beschwerdegericht kommt auf erhobene Beschwerde des Staatsanwalts zur Ansicht, die Auslieferungsklausel treffe nicht zu, so würde es ohne mündliche Verhandlung keine weitere Entscheidung treffen können, als daß die Hauptverhandlung wieder aufzunehmen sei. Eine solche Zurückverweisung ist aber im Beschwerdeverfahren durch die St.-P.-O. nicht vorgesehen und es können sich bei dieser neuen Verhandlung vor dem erstinstanziellen Gerichte ernste Unzuträglichkeiten ergeben. Denn bei der Beschwerde ist nicht wie in Revisionssachen der Grundsag aufgestellt (§ 398 Abs. 1 St.-P.-O.), daß das erstinstanzielle Gericht an die Rechtsansicht des zweitinstanziellen Gerichtes gebunden ist. Es empfiehlt sich demnach, gegebenen Falles durch Urtheil die Hauptverhandlung abzubrechen.

Von den nach § 259 St.-P.-O. möglichen drei Urtheilsformen wird die Einstellung des Verfahrens die angemessenste sein.) Daß diese außer dem einen in § 259 Abs. 2 St-P.-O. aufgeführten Falle des Antragsmangels auch sonst zulässig sei, wird, wenngleich nicht einstimmig, so doch ziemlich allgemein bejaht. 4) Ganz besonders rechtfertigt sich die analoge Anwendung

1) Erkenntniß des Reichsgerichts vom 10. November 1880 (Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen, Bd. II S. 487, für den Fall der Taubstummheit des Angeklagten, wenn diese die Verhandlung unmöglich macht. Löwe a. a. O. S. 530 zu § 259 St.-P.-O. für die Fälle des § 203 St.-P.-O. und alle jene, wo nach seiner Ansicht (S. 477) die Einstellung des Hauptverfahrens auch ohne Hauptverhandlung erfolgen darf (Tod, Abolition, Erterritorialität, Alter unter 12 Jahren). Glaser a. a. D. S. 535 etwas enger (Fälle des § 203, Tod, Exterritorialität).

2) Stenglein, Kommentar zur St.-P.-O., Nördlingen 1885, S. 450, erkennt nur einen Fall der Schließung der Hauptverhandlung durch Beschluß an, den der Unzuständigkeitserklärung nach § 270, und fordert im Uebrigen aus den oben angeführten Gründen die Form des Urtheils.

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3) Zu diesem Resultate kommt auch Kommentar zum St.-G.-B., Bem. Nr. 19 zu § 3 S. 57.

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4) So namentlich Puchelt, Kommentar zur St.-P.-O., Leipzig 1881, Bem. 3 zu § 259. Stenglein a. a. D. S. 451: „Ebensowenig gibt Abs. 2 (§ 259) den einzigen Fall, in welchem Einstellung des Verfahrens möglich ist. Einstellung ist nur bei möglicher

des Einstellungsurtheiles in unserem Falle, da es sich hier wie beim Antragsmangel um ein möglicherweise zu behebendes Hinderniß der Aburtheilung handelt und hier wie dort die Möglichkeit gewahrt werden soll, später das nämliche Verfahren wieder aufzunehmen und zu Ende zu führen, ohne daß ein völlig neues Verfahren eingeleitet werden müßte.

Die beiden vielfach schon zitirten kassatorischen Urtheile des preußischen Obertribunals und des Reichsgerichts, welche sich mit der Auslieferungsklausel befassen, geben keinen Anhalt dafür, in welcher Form nach ihrer Ansicht die Entscheidung der erstinstanziellen Gerichte hätte erfolgen sollen. Sie sagen nur beide, daß das Verfahren bezw. die Strafverfolgung als zur Zeit unstatthaft erklärt werden müsse. Zu diesem Zwecke genügt aber die Form der Einstellung vollkommen und man hat nicht nöthig, eine neue Urtheilsform auf Unstatthaftigkeit des Verfahrens zu schaffen.

§ 16.

In den bisherigen Erörterungen hat es sich nur darum gehandelt, welche Aufgabe dem Gerichte obliege, wenn die Auslieferungsklausel auf solche Delikte anzuwenden ist, bezüglich deren die Untersuchung noch nicht durch Urtheil ihren Abschluß gefunden hat. Es ist nunmehr noch der Fall in's Auge zu fassen, daß sich die Auslieferungsklausel der Vollstreckung eines schon gefällten Urtheils entgegenstellt. Dies trifft namentlich ein, wenn eine Person, welche wegen mehrerer Delikte verurtheilt worden ist, vor oder während der Strafvollstreckung flüchtig wird, und nun ihre Auslieferung nur wegen einzelner dieser strafbaren Handlungen gewährt wird.

Da im Allgemeinen die Strafvollstreckung nicht den Gerichten übertragen ist, sondern Verwaltungsorganen und zwar gewöhnlich der Staatsanwaltschaft, so werden die Gerichte in den meisten Fällen nicht in die Lage kommen, sich mit der diesbezüglichen Anwendung der Auslieferungsklausel befassen zu müssen. Für die Strafvollstreckungsbehörden gelten im Allgemeinen die oben mit Bezug auf die Gerichte aufgestellten Grundsäße. Nur ist zu bemerken, daß im Stadium der Strafvollstreckung der Regierung auch dann, wenn die AusLieferungsklausel nicht gesetzlich sanktionirt ist, oder wenn die Gerichte unter Verlegung derselben verfahren sein sollten, Mittel zu Gebote stehen, ihren dem Auslande gegenüber eingegangenen Verpflichtungen durch Veranlassung einer Begnadigung 1) oder auch nur durch einstweiligen Aufschub des Strafvollzuges nachzukommen.

Nach deutschem Rechte können jedoch auch hier unter Umständen, wenn nämlich die Vorausseßungen des § 490 Abs. Í St.-P.-D. gegeben sind, die Gerichte zur Entscheidung berufen werden. Es sind, wie im § 490 selbst geschieht, zwei Fälle zu unterscheiden.

Der eine tritt ein, wenn eine vor der Auslieferung zuerkannte Strafe, entgegen den mit der Auslieferung verbundenen gefeßlichen Beschränkungen der

weise zu hebenden Hindernissen der Aburtheilung anzuwenden.“ Dalcke, Kommentar zur St.-P.-O., 2. Aufl., Berlin 1881, Bem. 4 zu § 259. Erkenntnisse des Reichsgerichts vom 13. Juli 1881, 15. Februar 1881, 24. April 1881, wenn der Verurtheilung die Regel ne bis in idem gegenübersteht. Dagegen Glaser a. a. D. II S. 551; er findet die anderweitige Anwendung des Einstellungsurtheils für praktisch unbedenklich, aber weder durch das Gesez noch dessen Materialien gerechtfertigt.

1) Ein Beispiel hiefür bietet der im preußischen Justizministerialblatt 1878 S. 137 angeführte Fall.

Strafgewalt, im Deutschen Reiche vollstreckt werden wollte. Der Ausgelieferte könnte dann mit Recht Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erheben und diese müßten dem Gerichte zur Entscheidung vorgelegt werden.

Der andere Fall, in dem eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden muß, liegt dann vor, wenn über die Auslegung eines Strafurtheils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen, d. h. hier, wenn aus dem Urtheile oder den mehreren Urtheilen, welche gegen den Ausgelieferten vorliegen, nicht klar hervorgeht, welche Strafe auf die Delikte trifft, wegen deren die Auslieferung erfolgt ist, und welche auf die, deren Bestrafung durch die Auslieferungsklausel versagt ist. Solche Zweifel können namentlich bei einem wegen mehrerer real oder ideal konkurrirender Delikte erlassenen Urtheile entstehen. Diese Möglichkeit ist denn auch schon in der Theorie erörtert worden. Billot 1) und ihm folgend Ch. Antoine 2) geben den einfachen Rath, die Dauer der Strafe auf das Maß herabzusehen, auf welches wegen des auslieferungsbegründenden Deliktes, wenn isolirt darüber geurtheilt worden wäre, hätte erkannt werden können. Allein es scheint mir, da nicht abstrakt für die eine oder andere Deliktsart, sondern konkret für den einzelnen Verbrechensfall die Auslieferungen gewährt werden, prinzipwidrig, das Maß der wegen des Auslieferungsdeliktes zu vollstreckenden Strafe nach dem Maximum der zulässigen Strafe zu bestimmen, und nicht nach der Strafhöhe, welche im einzelnen Falle innerhalb des Strafrahmens thatsächlich angemessen ist. Auf diese sollten vielmehr die Ermittelungen gerichtet werden.

Diese Ermittelung ist im Deutschen Reiche bei einer wegen mehrerer real konkurrirender Delikte erkannten Gesammtstrafe sehr einfach, da nach der Fassung des § 74 R.-St.-G.-B. in dem Urtheile das Maß der für die verschiedenen Handlungen angenommenen Einzelstrafen ersichtlich sein muß.

Anders liegt die Sache, wenn ein Urtheil wegen mehrerer ideal konkurrirender Delikte ergangen ist. Sollte in diesem Falle in Anbetracht der Auslieferungsklausel die Strafe nur wegen eines der konkurrirenden Delikte zulässig sein und sollte noch dazu das in Folge dessen allein anwendbare Strafgeset die mildere Strafe bestimmen - eine Eventualität, die jedoch kaum je zutreffen wird so wäre eine gerichtliche Entscheidung darüber herbeizuführen, wie die Strafe nun auf Grund dieses letteren Strafgesetes allein zu berechnen ist.

1) Bernard 1. c. II p. 508
2) Fiore 1. c. II p. 681.

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