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IV. Unredlichkeit beim gerichts-Verfahren.

Da die Begriffe von der Wahrheit durch das Leben auf dem breiten Wege verfinstert wurden, so wurden dadurch die des Rechts es nicht minder; weshalb man die Gerechtigkeit gerade da am wenigsten findet, wo man in Nothfällen sie am ersten zu suchen gewohnt ist. Wir meinen nämlich in den Gerichtshöfen und in den Court-Offices der Squire (d. h. in den Amtsstuben der Friedens-Richter); wo auch jetzt noch die alte Vorschrift gelten sollte:

„Du sollst nicht thun, was unrecht ist, und ein unrecht Urtheil nicht fällen: du sollst die Person des Geringsten nicht ansehen, und das Angesicht des Gewaltigen nicht ehren. Gerecht sollst du richten deinen Nächsten". III. Moises 19, 15.

„Du sollst Lügenreden nicht anhören, noch deine Hand bieten, um für den Gottlosen ein falsches Zeugniß zu reden. Du sollst der Menge nicht folgen, um Böses zu thun, noch im Gerichte dem Urtheile der Meisten beistimmen, um von der Wahrheit abzuweichen.

,,Du sollst das Recht des Armen in seiner Sache nicht beugen. Die Lüge sollst du fliehen. II. Mois. 23. Cap. ,,Du sollst Richter und Amtleute setzen, .. auf daß fie das Volk mit gerechtem Gerichte richten, und nicht auf eine Seite sich beugen. Du sollst keine Person achten, und kein Geschenk nehmen: denn die Geschenke verblenden die Augen der Weisen, und verändern die Worte der Gerechten. Was recht ist, dem sollst du treu nachtrachten." V. Mois. 16, 18. seq.,

Dann würde es mit den Rechts-Verhandlungen und Urtheilssprüchen besser bestellt sein, als es leider ist; weil man jezt daselbst um des Ansehens der Person und des Geldes willen, Recht zu Unrecht und Unrecht zu Recht macht; weil man überall auf Parteigetriebe stößt, und durch falsche Zeugen oder durch Rechtsverdrehungen um das Seinige gebracht wird. Dies beginnt schon bei Anfertigung von Verträgen; wo der Käufer oder Verkäufer burch den das Dokument anfertigenden Advokaten oder Notarius insbesondere, wenn jener der engli

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schen Sprache noch unkundig ist — durch zusätzliche Stipulationen oder Auslassungen des Erforderlichen in irgend einer Weise betrogen wird; und das sind Personen, die so sanft und tugendhaft reden können, daß man ihnen unbedingt sein ganzes Vertrauen schenkt. Nach einiger Zeit aber, wenn es zu spät ist, dann zeigen sich die Fehler in den Verträgen. Es müssen neue gemacht, oder gar zum Rechtswege seine Zuflucht genommen werden u. d. m.

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Diese Unredlichkeit und Falschheit ziehet sich durch alle Geschäftskreise. Als Beispiel wollen wir nur anführen: W... verkauft eines Tages einen Ackerwagen für Doll. 40 an T..., einen Holzhändler in Indiana Counth, Pa, zahlbar mit Tannenbord innerhalb sechs Wochen, dann aber den Rest baar zu zahlen. Dieser Vertrag wird schriftlich gemacht, und als "Bürge" von dem Gastwirth G. mitunterzeichnet. Allein der Käufer liefert nur einen Wagen voll Bretter im Betrage von circa Doll. 10; dann läßt er sich nicht wieder sehen, sondern verkauft sein Holz an andere Leute. Offenbar bringt` Verzug nur Gefahr für den Rest von circa Doll. 30 und Zinsen. Besagte Handschrift wird also zum Inkasso an den Squire R... übergeben, der willkürlich die Zahlungsfrist verlängert, endlich aber, nach vielen Monaten den Betrag in Banknoten an W. . . auszahlt. Es ist darunter eine falsche à Doll. 5, die ihm W... zurückbringt. Der Squire R. .. verspricht, diese, auf die Wareham Bank in Massachusets lautende Note vom Debitor wieder einzuziehen. Nach einigen Wochen erklärt er jedoch, der Holzhändler T .. habe die Gegend verlassen, und Keiner wisse, wo er jetzt sich aufhalte. Die 5 Dollars an W.. zu erstatten, weigert sich darauf der Squire R. . . . beharrlich, und will es auf einen Proceß ankommen lassen, in der Voraussicht: daß W.. keine 60 Dollars an eine Rechtssache wagen werde, die, beim Mangel der erforderlichen Zeugen, für den Verklagten um so günstiger ausfallen muß, als der Beweis, sie von ihm empfangen zu haben, nicht anders zu führen ist, zumal der Squire dem Kläger den Eib nicht zugestehen will. Zwar kommen jeden Monat kleine

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Büchelchen heraus, welche eine Angabe von banqueroute gewor denen Banken, sowie die der falschen, in Cours gekommenen Banknoten,,,Counterfeit" genannt, nebst den Kennzeichen enthalten; aber das sichert nicht vollkommen, daß man nicht angeführt werde. Denn wieviel tausend Dollars lassen sich nicht in Monatsfrist in Cours sehen? Und wer sie inzwischen empfangen, der ist damit betrogen.

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Nicht uninteressant ist es auch, den vierteljährigen Gerichtsverhandlungen in den Counties-Hauptstädten beizuwohnen. So besahen wir eines Tages das Courthouse (Gerichtshof) zu Indiana in Pennsylvanien, einer Stadt von 1000 bis 1200 Einwohnern. Es war grade Situng d. h. zu Proceß - Verhandlungen. Durch eine Flügelthüre trat man in den Siz= zungssaal, zu beiden Seiten standen Reihen von Sizbänken für's Auditorium; dann kamen die Schranken, hinter denselben Tische und Stühle für die Advokaten und deren Parteien, Zeugen, u. s. w. Zur linken Seite waren die Pläge für die Geschworenen, und im Hindergrunde saß oder lag der Länge nach hingestreckt auf einer hoch erhabenen Bank der Judge, (Präsident), während unter ihm die Advokaten plaidirten. Auf den Schranken saßen zur Linken und Rechten zwei Constabler, in linnenen Röcken, bewaffnet mit einer Bohnen - Stange. Sie lehnten sich an Säulen, kauten Tabak und sprigten die Sauce um sich herum, unbekümmert, ob sie damit auch die Kleider eines Andern beschmutzen würden. Es war gerade ein Proceß im Gange, auf dessen Ausgang das Publicum mit eben so großem als verschiedenartigem Juteresse harrete. Die Sache drehete sich darum, die mit einem katholischen Geistlichen abgeschlossenen Verträge sowie seine in Händen habenden Quittungen für ungültig zu erklären, und ihn dann große Beträge bezahlen zu machen. Der Proceß war in zwei Theile getheilt. Im ersten Theile, dessen Object von geringer Bedeutung, hatten die Geschworenen, zum Leide der anwesenden Katholiken und zur Freude intoleranter Protestanten, bereits zum Nachtheil des katholischen Geistlichen, und zwar gegen Lage. der Sache erkannt. Dies macht den Präsidenten stugen. Jezt

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kommt der inhaltschwere zweite Theil zur Verhandlung, und die Advokaten thun ihr Möglichstes: der Eine, die Sache in's Klare, der Andere sie in's Trübe zu bringen. Endlich ist sie spruchreif, und schon wollen die Geschworenen sich_zurückziehen. Keiner zweifelt, sie werden nochmals gegen Recht und Gewissen die volle Last des Unrechts auf den Geistlichen wälzen. Da erhebt sich der Judge, tadelt den Advokaten, daß er es gewagt, eine ausgemachte Sache vor die Geschworenen zu bringen; „denn, sagte er, wenn Verträge und Quittungen nicht mehr gelten sollen, dann, brauchen wir auch keine Ges richtshöfe mehr." Alsdann condemnirte er den Kläger zur Tragung der Kosten und sprach nach Lage der Sache ein gerechtes Urtheil, zum Schuße des katholischen Geistlichen. Der Proceß war nun beendigt; aber wie wäre es dem katholischen Geistlichen ergangen, wenn der Judge die Sache ebenso gewissenlos behandelt hätte, als die Geschworenen?

In demselben Indiana Counth (Grafschaft) ward vor eini gen Jahren eine Diebesbande eingefangen, die längere Zeit hindurch Pferde aus Weiden und Ställen gestohlen. Zu derselben gehörten Kaufleute, Drover (Roßkämme resp. Pferdehändler), Schenk- und Gastwirthe aus der Nähe und Ferne, etwa 50 an der Zahl. Sie hatten das Geschäft im Großen betrieben, und da sie die Pferde nach den Hauptstädten des Ostens abseßten, mußten sie sich nach der besten Sorte umsehen. Mancher stattliche Gaul war verschwunden, ohne eine Spur zu hinterlassen; und wie's gewöhnlich geht, fiel der Vers dacht auf den Unschuldigen. Je Mehreren diese Last aufgebürdet worden, desto größer war die Freude, als man hörte, die ganze Diebs-Compagnie site bereits in der Gaol (Gefängniß). Allein die Freude währte nicht lange; denn unglücklicher Weise befanden sich darunter einige Odd Fellows (Mitglieder einer geheimen Gesellschaft). Zu dieser Verbrüderung, einer Art Freimauerei, sollen sich in Pennsylvanien allein schon 40,000 bekennen. Diese wandten jetzt ihren Einfluß an, um sie zu befreien. Sie spendeten Geld und Versprechungen. Die Advokaten strengten all' ihre Kunst und Wissenschaft an,

verwirrten durch Kreuz-Verhöre die Zeugen in ihren Aussagen. Und siehe da! die ganze Diebsbande wurde in Freiheit gesetzt. Denn Alle waren mit einem Mal unschuldig; nur andere, unbekannte Personen waren die rechten Diebe, die man noch einfangen will.

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Wie in Pennsylvanien, so geht's auch in andern Staaten. Der so großes Aufsehen erregende Ward-Proceß, der zu Elisabethtown, Hardin Counth, im Staate Kentuch gegen Recht und Gesetz entschieden wurde, mag als Beleg dienen. Die Sache verhält sich also: Der Professor Herr Butler hatte einen Schüler, Namens Ward, wegen eines Vergehens gezüchtigt. Als der ältere Bruder (M. F. Ward) dies hörte, nahm er zwei geladene Pistolen und begab sich mit noch ei nem andern Bruder, der sich mit einem Messer bewaffnet hatte, nach der Schule. Sie wurden vom Professor Butler freundlich in's Lefezimmer geladen, was sie jedoch nicht annahmen. Hierauf stellt der ältere Ward Fragen in beleidigender Weise an den Professor, und nennt ihn einen Lügner und Schuft u. s. w. Hierdurch gereizt, soll Herr Butler wie der jüngere Ward und ein gewisser Barlow, von eben so verdächtigem Charakter, behaupten die Hand gegen seinen Beleidiger erhoben, und in demselben Augenblicke der M. F. Ward den Professor erschossen haben. So stand die That fest. Der Mord war vorher bedacht und ausgeführt; aber aus dem Umstande, daß der so schwer beleidigte Professor die Hand erhob, etwa nur, um zu drohen, nahmen die Geschworenen Veranlassung, den Mörder freizusprechen. In der That aber war's das Ansehen der Person und das Geld, was die Geschworenen bewog, den M. F. Ward des Mordes nicht schuldig zu erkennen. Denn die Familie Ward ist eine der reichsten in Louisville, ja sogar im ganzen Staate Kentucky. Daher konnte dieselbe 18 Advoka ten zu ihrer Vertheidigung aufbieten, und ihre Bemühungen durch 100 Zeugen unterstützen (was nebenbei bemerkt, in dem Lande nicht schwer ist). Aus Washington, D. C., kam extra der Schatsekretair Guthrie herbei, um für die Familie Ward ein gutes Leumundszeugniß: abzulegen. Mr. Crittenden, der ehemalige General Staats- Anwalt, hatte unentgeltlich seine

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